Zweckmäßige Vergleichstherapie

Um die Zulassung in Deutschland zu erhalten, muss jedes Medikament Wirksamkeit, Sicherheit und Produktqualität nachweisen. Die Wirksamkeit und Sicherheit wird im Allgemeinen durch klinische Vergleichsstudien belegt, häufig gegenüber Placebo oder Substanzen der gleichen Wirkstoffklasse. Non-inferiority, also Nichtunterlegenheit, ist ein anerkanntes und häufig benutztes Konzept.

Mit AMNOG wurden die Vergleichsmaßstäbe in zwei entscheidenden Aspekten verändert:

  • Die zweckmäßige Vergleichstherapie wird nicht vom Pharmaunternehmen selbst, sondern vom G-BA festgelegt. Mittlerweile werden diese Festlegungen ausführlich begründet, auch das Mitspracherecht der Industrie wird größer, das heißt, das betroffene Unternehmen kann einen begründeten Vorschlag für eine zweckmäßige Vergleichstherapie machen.
  • Entscheidend ist, was ohne das zu bewertende neue Medikament mit demeinzelnen Patienten erfolgen würde, was also die gegenwärtige Standardtherapie sein würde.
  • Der Vergleich ist nicht auf ein Medikament der gleichen Produktklasse wie die zu bewertende Substanz beschränkt, ja nicht einmal auf Arzneimittel an sich. Vielmehr können neben Medikamenten anderer Produktklassen auch ganz unterschiedliche Behandlungsformen herangezogen werden
    • Chirurgische Eingriffe
    • Physiotherapeutische Maßnahmen
    • Best supportive care =  eine Therapie, die eine bestmögliche patientenindividuell optimierte unterstützende Behandlung zur Linderung von Symptomen und Verbesserung der Lebensqualität gewährleistet.
    • Im Extremfall: nur palliative Medizin

Dieser AMNOG Gedanke eine individuell optimierten Therapie läuft dem häufig gegenwärtig praktizierten und von den Zulassungsbehörden vertretenen Ansatz einer „standardisierten“ Vergleichstherapie, die sich nur durch die Gabe des zu bewertenden Arzneimittels unterscheidet, zuwider. Dies hat bereits zu klinischen Studien mit viel individualisierterem Design geführt, wo z.B. der behandelnde Arzt aus einer Reihe von Möglichkeiten die für den einzelnen Patienten optimale Vergleichstherapie auswählen konnte.

Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass IQWiG nur klinische Daten gelten lässt, die der  Patientenpopulation aus der Zulassung entsprechen. Häufig sind Zulassungsstudien breiter gefasst, die Zulassung erfolgt aber bei einer klarer umrissenen Subpopulation. Dies bedeutet dass die klinischen Daten aus dem Zulassungsdossier dann auf diese Subpopulation hin angepasst werden müssen.

Für neu entwickelte Arzneimittel besteht die Möglichkeit, bereits in der Planungsphase der klinischen Studien am Patienten mit dem G-BA, jetzt auch unter Einbeziehung der deutschen Zulassungsbehörden, zu klären, welche zweckmäßige Vergleichstherapie anerkannt wird.


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Neue Maßstäbe

Vergleich nicht nur mit Medikamenten oder Placebo sondern auch mit anderen Therapieformen.